Rollkommando

aaa-Redaktionsräume durchsucht - Arbeitsgrundlage beschlagnahmt

Am Donnerstag, den 11. August wurden die Redaktionsräume der Zeitschrift anti atom aktuell (aaa) durch die Staatsschutzpolizei durchsucht. Beschlagnahmt wurden 3 PCs und zahlreiche Datenträger. Verfolgt wird mit dieser Polizeiaktion ein Text auf einer Internetseite.

Etwa 35 Uniformierte der Bereitschaftspolizei und ein knappes Dutzend zivil gekleidete Angehörige der Staatsschutzabteilungen in Lüchow, Lüneburg und Hannover verschafften sich zunächst mit Hilfe eines 3 Tage alten richterlichen Beschlusses Zutritt zur Wohnung von Martin N., Redakteur der Bewegungszeitschrift. Das Hauptinteresse der BeamtInnen richtete sich auf einen der Redaktionsräume der aaa und hier insbesondere auf die Computeranlagen. Daneben wurden das Archiv, die Küche, Bett, Wäsche, Nahrungsmittel, selbst der Speicher mit einer Räucherkammer durchstöbert.

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Während diese Durchsuchung lief, erwirkten die Staatsschützer bei Richter Stärk vom Amtsgericht Dannenberg einen weiteren Durchsuchungsbeschluss, den dieser in einer Sitzungspause unterzeichnete. Daraufhin wurde die Wohnung von Elisabeth K., einer anderen aaa-Redakteurin, auf den Kopf gestellt. Auch hier machte das Durchsuchungskommando vor nichts Halt. Private und redaktionelle Notizen wurden ebenso eingetütet wie Plakate und Flugblätter aus der umfangreichen Materialsammlung; drei Rechner und zahlreichen Disketten und CDs wurden beschlagnahmt. Damit war der Redaktion die Grundlage zur Weiterarbeit zunächst entzogen.

Die Beschuldigten werten diese Polizeimaßnahme als politische Kriminalisierung: "Mit einer Begründung, deren Fadenscheinigkeit mehr als offenkundig ist, soll missliebige Recherche und Meinungsbildung behindert werden. Der Staatsschutz zielt darauf, Menschen mundtot zu machen, die sich ebenso gegen Sozialraub wie gegen Castortransporte engagieren; die Justiz stützt sich dabei auf Vorwürfe, die an den Haaren herbeigezogen sind." Elisabeth K. und Martin N. hatten sich an der Vorbereitung des "prekär-camps" beteiligt, auf dem sich etwa 120 Personen von verschiedenen Initiativen gegen Sozialraub aus der BRD für eine Woche im Wendland versammelt hatten.

Im Programm des Camps, auf das sich Richter Stärk mit seinen Entscheidungen stützt, wird für den 10.8. eine Yomango-Modenschau angekündigt. Ein Hinweis, wer wen wodurch zu welcher strafbaren Handlung aufgefordert hat, ist in seiner Begründung nicht zu finden. (Wegen des naßkalten Wetters fiel dieser Programmpunkt im Übrigen aus.) Völlig unverständlich bleibt, was auf diese Weise polizeilich ermittelt werden kann. In Fällen, wo tatsächlich strafbare Inhalte auf einer website auftauchen, ist es bislang üblich, die domain-InhaberInnen per Strafandrohung zur Unterlassung aufzufordern.

"Die Polizei war weder zur Vereitelung noch zur Aufklärung von Straftaten unterwegs; dieses Rollkommando hat die Gelegenheit genutzt und sich als strafende Exekutive aufgeführt, in der Hoffnung, nebenbei noch dies oder das Gerichtsverwertbare zu finden." beklagt Elisabeth K. diesen massiven Einbruch in die Privatsphäre. "Die Vertraulichkeit der Information, das Redaktionsgeheimnis, die Arbeit der Presse allgemein steht unter dem Schutz der Verfassung. Was Staatsanwaltschaft, Polizei und Gericht davon halten - vor allem, wenn es um Medien sozialer Bewegung geht - haben sie mit ihrer Aktion überaus deutlich gemacht."

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