Wie können Alternativen jenseits von Lohnarbeit, Vollbeschäftigung, nationalem Sozialstaat und Wachstum aussehen?

das scheinbar Unmögliche denken!

von Fritz Storim

Eine solidarische Sicherung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist nicht mehr im nationalstaatlichen Rahmen und auch nicht auf der Grundlage individueller Lohnarbeit und Vollbeschäftigung denkbar und auch gar nicht wünschenswert. Besonders auch, wenn wir berücksichtigen, dass der nationale Sozialstaat ein Privileg der Gesellschaften des Nordens war und ist, das mit dem Ausschluss und der Ausbeutung der Gesellschaften des Südens erkauft wurde. Und dass Wachstum (auch sogenanntes nachhaltiges Wachstum) weiterhin die Mehrheit der Weltbevölkerung von den Ressourcen des Überlebens strukturell ausgrenzt. Wir sollten nicht von "Umverteilung des Reichtums" reden, ohne zu fragen, woher der Reichtum kommt.

Wie ist eine Welt, in der die Menschen ohne Zukunftsangst, in sozialer Absicherung leben können, vorstellbar? Eine Welt, in der der Zugang zur Bildung, Kultur, Gesundheitsversorgung, Altersversorgung, öffentliche Verkehrsmittel, Schwimmbäder, Bibliotheken und so weiter nicht vom Geldbeutel abhängig ist, sondern für alle Menschen kostenlos ist. Wie sind aktuelle Forderungen unter anderem nach Mindestlohn und 30-Stunden Woche und bedingungsloses Grundeinkommen für jeden Menschen am Ort seines jeweiligen Aufenthaltes durchsetzbar, und weisen sie in eine emanzipatorische Richtung?

Alle Hoffnung auf "ein anderes Leben" wird längerfristig wie eine Seifenblase zerplatzen oder im Boden versickern, oder konfliktbesänftigt in die herrschenden Verhältnisse integriert werden und vielleicht sogar zu deren Modernisierung beitragen (selbst die Weltbank und der IWF reden inzwischen wie die Globalisierungskritiker*innen zum Beispiel von Transparenz, Partizipation und Armutsbekämpfung), wenn es nicht gelingt, die sicher berechtigten realpolitischen Forderungen zur Milderung der Härten dieser Entwicklung, in den Kontext einer Auseinandersetzung zur Überwindung der herrschenden Verhältnisse zu stellen. Die Härten sind keine Auswüchse, sondern konsequente Erscheinungen der Verhältnisse. Es geht also letztendlich um eine Gesellschaft, in der diese Härten nicht nur besser kontrolliert und abgemildert werden, sondern die Ursachen dafür gar nicht mehr vorkommen, gar nicht mehr denkbar sind.

Es ist jetzt angesagt, im Zusammenhang mit den konkreten Auseinandersetzungen auch wieder über gesellschaftliche Utopien zu reden-diese zum Kriterium für "Wahrheit" und Handeln zu machen -und im Rahmen dieser Auseinandersetzung Bündnispartner*innen zu suchen und eine gemeinsame Widerstands-und Lebenspraxis zu entwickeln.

Wir sollten wieder den Mut haben, das scheinbar Unmögliche zu denken:

Gemeint ist hier ein Begriff
von Befreiung, der unsere
individuelle Befreiung als Teil
der Befreiung weltweit
versteht und umgekehrt.

Weshalb sollte es nicht möglich sein, eine Gesellschaft anzustreben, die den Menschen in den Mittelpunkt von Denken und Handeln stellt und nicht die ökonomische Rationalität. Eine Gesellschaft, die "Eigentum als Diebstahl" (Proudhon 1840, französischer Sozialist) begreift, die auf der Auseinandersetzung um Herrschaftsfreiheit, Solidarität, Kooperation, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit für alle beruht!? Die für ein Leben ohne Hunger und Armut, ohne Krieg und Unterdrückung eintritt.

Um uns in diese Richtung zu bewegen, wird es wichtig sein, dass wir uns autonome soziale Räume aneignen und sie verteidigen. Räume in denen wir lernen, Kommunikation und Solidarität, Autonomie und Kollektivität, Selbstorganisation und Widerstand der Gewalt des Kapitals entgegenzustellen.

Das, was von Menschen gemacht worden ist, kann auch von Menschen verändert werden, und wir müssen den Zustand überwinden, in dem wir gelähmt auf die herrschenden Verhältnissen starren – deren Übermacht ist auch ein Ergebnis unserer sinnlichen Entfremdung, unserer kulturellen Konditionierung -, sondern wir sollten uns mit einem Lachen auf den Lippen, mit Selbstbewusstsein, Mut und Freude gemeinsam auf den Weg der Befreiung machen! Gemeint ist hier ein Begriff von Befreiung, der unsere individuelle Befreiung als Teil der Befreiung weltweit versteht und umgekehrt.

Das alles ist sicher nicht neu, aber wir müssen es immer wieder neu versuchen. Denn es wird uns nichts anderes übrigbleiben, wenn wir den zur Zeit in atemberaubender Geschwindigkeit stattfindenden Absturz in Krieg und Barbarei aufhalten und eine andere Richtung geben wollen und wenn wir Teil sein wollen des Kampfes um eine weltweite, humane Gesellschaft. @

Auszug aus der Broschüre

zur Philosophie
der "Neuen Weltordnung"
und zur Utopie von "Solidarität",
"Kommunikation" und "Befreiung"


2005, Selbstverlag
erhältlich beim Autor auf Nachfrage

 

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