Wir, Bewohner*innen der Departements Loire, Maas, Rhône, des Cotentin und anderer Wassereinzugsgebiete, trafen uns vom 24. bis 26. September in Saint-Amand-en-Puisaye, in der Region Nièvre. Angeregt wurde das Treffen durch den Zusammenschlusses von 13 Initiativen "Loire Vienne Zéro Nucléaire" ( Loire- Vienne ohne Atom). Gemeinsam wollten wir feiern, dass das Projekts eines zentralen Lagerbeckens in Belleville sur Loire eingestellt wurde, und strategische Perspektiven für die Fortsetzung des Kampfes gegen die Atomenergie entwickeln.

Probeentnahmen an der Loire

Während dieses Treffens zogen wir Bilanz über die Probeentnahmen und Analysen, die in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Kontrolle der Radioaktivität im Westen (ACRO) in den letzten drei Jahren entlang der Loire und der Vienne durchgeführt wurden. In nur wenigen Kampagnen haben diese unabhängigen Probeentnahmen dazu beigetragen, die Unzulänglichkeiten des Systems zur Verdünnung der toxischen Einleitungen von Kraftwerken in die Wasserläufe und insbesondere das Stillschweigen über diese Verseuchungen aufzuzeigen:

• die Verseuchung der Wassereinzugsgebiete durch radioaktives Tritium, das von den für die Trinkwasserversorgung zuständigen Betreibern ignoriert wird und daher den Einwohner*innen, die das Wasser trinken, unbekannt ist
   
• die Störanfälligkeit der EDF- und IRSN-Systeme zur Überwachung der Wasserradioaktivität
   
• das Vorhandensein giftiger Schwaden, manchmal stromabwärts mehr als 20 km entfernt von Klärbecken, aus denen flüssige Abfälle eingeleitet werden. Das stellt die von den Energiekonzernen modellierte Theorie der sogenannten "gut durchmischten" Zonen völlig in Frage.
   

Der nachgelagerte Sektor:
Die WAA als Dreh- und Angelpunkt der französichen Atomindustrie

Es wurde auch eine Bestandsaufnahme des "nachgelagerten" Sektors - der Wiederaufbereitung und Entsorgung nuklearer Abfälle - vorgenommen, der hauptsächlich um die Standorte La Hague, Marcoule und Tricastin sowie um Bure herum organisiert ist. Wir haben festgestellt, dass der Wiederaufbereitungssektor mehr denn je der Dreh- und Angelpunkt der französischen Atomindustrie ist:

• Orano, die Rekapitalisierung von Areva, befindet sich in einer mehr als labilen finanziellen Lage und wird wahrscheinlich ab 2021 Gegenstand eines neuen Finanzpakets sein.
• Dieser Sektor ist extrem umweltverseuchend und beinhaltet eine große Anzahl von Transporten von radio- und chemotoxischen, instabilen und mutagenen Materialien auf unseren Straßen und Eisenbahnen.
• Entgegen der Propaganda der Energiekonzerne werden 99% der wiederaufbereiteten abgebrannten Brennelemente nicht wiederverwendet und zum größten Teil in Tricastin oder La Hague gelagert.
• Die von der Wiederaufbereitungsanlage in Marcoule produzierten MOX-Brennstoffe auf Plutoniumbasis sind unkontrollierbar und müssen gekühlt und für mehrere Jahrzehnte in einem Becken eingeschlossen werden
• Dieser Abfall wird von der Industrie nicht als Abfall betrachtet und stellt allein vom Volumen her das Äquivalent einer zweiten Deponie vom Typ CIGEO dar, dem Centre Industriel de stockage Géologique, das in Bure geplant ist.

Neben abgebrannten Brennelementen produziert die Atomindustrie auch eine große Menge an radioaktivem Müll. Beschädigte Brennelementhüllen, Steuerungscluster, Demontageabfälle und eine große Menge an Werkzeugen und Material, für die es keine Verwendung gibt, verstopfen Lagerbecken und Lagerhäuser. Einige werden in speziellen Einrichtungen wie der ICEDA in Le Bugey oder der BAMAS in Saint-Dizier "gewaschen".

Vor allem ist uns klar geworden, in welchem Maße die Atomindustrie nun durch die 93%ige Auslastung der Lagerbecken in La Hague bedroht ist. Wenn die Wiederaufbereitungskette normal funktioniert, würde es theoretisch zehn Jahre dauern, um die verbleibenden Plätze zu füllen. Aber die geringste Störung in dieser Kette, wie die Corona-Einschränkungen, die die Wiederaufarbeitung in La Hague für mehrere Wochen stoppte und das Orano kostbare Zeit kostete, könnte zu einer echten Behinderung der gesamten französischen Atomindustrie führen, die nicht in der Lage ist, ihre eigenen abgebrannten Brennelemente zu lagern, um sie nach der Herausnahme aus den Reaktoren abzukühlen.

Die EDF ist daher wirklich abhängig von einem Projekt für ein zentrales Lagerbecken, das bereits hinter dem Zeitplan zurückliegt und dessen Standort noch nicht feststeht. Nach dem Abbruch des Lagerbecken-Projekts am Ufer der Loire scheint sich nun - mit bedauerlicher Zustimmung der Werksgewerkschaften - La Hague als Ort abzuzeichnen.

Dieses Treffen bot auch Gelegenheit zu einer Synthese der zahlreichen Kämpfe gegen die Atomisierung des Grand Est durch die ANDRA (Nationale Agentur für die Entsorgung radioaktiver Abfälle), die EDF und ihre Tochtergesellschaften und insbesondere gegen das Atom-Endlagerprojekt CIGEO, das derzeit größte Industrieprojekt in Europa.

• Gemeinsam haben wir festgestellt, dass das Gebiet um Bure immer noch Schauplatz einer gewaltigen Dynamik des kollektiven Widerstands ist. Wichtige administrative Fristen - wie die Überprüfung der Gemeinnützigkeit (DUP) und der Antrag auf Vereinsgründung (DAC) für unser Netzwerk- sind für 2021 vorgesehen.
• Wir haben auch gesehen, dass das Labor, das auf der Endlagerbaustelle eingerichtet wurde, nicht in der Lage ist, Antworten auf die grundlegenden geologischen Probleme dieses geplanten Endlagers zu geben.

Solidarität und Erinnerung

Wir haben auch nicht vergessen, dass vor einem Jahr, am 26. September 2019, ein Feuer die Chemiefabrik Lubrizol in Rouen zerstörte.

An diesem Samstag fanden auf Anregung der Plattform Notre Maison Brûle viele Versammlungen, darunter auch unsere, in Solidarität mit den Menschen von Rouen statt. Wir übermitteln ihnen all unsere Unterstützung und unsere Gefühle der Freundschaft. Wir bekräftigen auch unsere Bereitschaft, den Kampf gegen die Atomenergie in den umfassenderen Kampf gegen alle Gefahren und Verschmutzungen durch die Industrie einzubeziehen, die unsere Gesundheit und unsere Umwelt tagtäglich bedrohen.

Schliesslich bot das Treffen die Gelegenheit, drei grosse Filme vorzustellen: "Le Dossier Plogoff", "Condamnés à réussir" von François Jacquemain und "Un Héritage Empoisonné" von Isabelle Loodts, sowie zwei künstlerische und festliche Aufführungen. Diese Erfahrungen und Ereignisse aus unterschiedlichen Zeiten regten an zu langen und leidenschaftlichen Diskussionen über die Erinnerung an die Kämpfe und die Weitergabe unseres katastrophalen ökologischen und emotionalen Erbes an künftige Generationen.

Zum Abschluss der Versammlung brachten wir unsere gemeinsamen Ziele zum Ausdruck:

• die Wiederaufbereitung und alle Reaktoren zu stoppen, bevor wir unsere Ideen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Atommüll einbringen.
• die Sampling-Aktionen entlang der Loire sowie die Kommunikation und Bildung um sie herum auszuweiten
• Arbeiten an einer generationenübergreifenden Verbindung durch künstlerisches Schaffen, das Teilen von Wissen und ökologischen und autonomen Praktiken
• daran zu erinnern, dass die Anti-Atom-Bewegung im Loire-Becken, im Zentrum des Landes, ideal gelegen ist, um die Anti-Atomkraft-Kämpfe im Südosten im Rhonetal,im Westens im nördlichen Cotentin und im Ostens in Maas und Haute Marne zu verbinden. Diese drei neuralgischen Regionen ins Visier zu nehmen, wird den Druck auf die gesamte NAtomindustrie und vor allem auf ihren nachgeschalteten Sektor erhöhen, der anfälliger ist denn je.
• Unsere Aktionsformen auf allen Ebenen weiterzuentwickeln und zu vervielfachen. Unter den vielen Ideen, die diskutiert wurden, waren eine Fahrraddemo entlang der Loire, ein Sommercamp in La Hague und die Überwachung von Atomtransporten.
• auf die kurzfristige strategische Bedeutung der Verhinderung dieses Projekts für ein zentralisierten Lagerbecken für abgebrannte Brebbelemente zu bestehen, da es wie CIGEO vor allem darauf abzielt, diese tödliche Industrie am Leben zu erhalten.@

Kein riesiges Atommüll-Lagerbecken: Nicht in Belleville, La Hague
... und auch nicht anderswo!

https://bureburebure.info/ 19.10.20
Übersetzung: aaaRed

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