9. Jahrestag der nuklearen Katastrophe von Fukushima

Fukushima ist noch nicht Geschichte!

Redebeitrag von Yu Kajikawa von Sayonara Nukes Berlin zum Fukushima-Gedenken auf dem Kornmarkt in Trier am 11. März 2020

Ich grüße euch alle, die ihr hier auf der Mahnwache seid und alle, die sich weltweit an diesem Tag versammeln, um an den 9. Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Fukushima zu erinnern.

Neun Jahre sind es her, und nicht nur hier im weit entfernten Europa, sondern selbst in Japan hört man immer weniger von Fukushima. Ist Fukushima schon Geschichte?

Keineswegs. Der Strahlengrenzwert wurde nach der Nuklearkatastrophe dort um das 20-fache erhöht, damit die Geflüchteten ins verseuchte Gebiet zurückkehren sollen, so können etwa Entschädigungszahlungen entfallen. Und trotzdem können noch immer ca. 50 000 Menschen nicht in ihre Heimat zurückkehren. Das ist aber nur die offiziell von Behörden anerkannte Zahl; diejenigen, die nicht in den ursprünglichen Heimatort zurückkehren können, obwohl er für die Rückkehr frei gegeben worden ist, sind viel mehr.

Tagtäglich verrichten ca. 4.000 Arbeiter die Aufräumarbeiten in der verstrahlten Atomruine unter teils skandalösen Bedingungen. Die bei der sogenannten Dekontaminierung abgetragene Erde in Plastiksäcken stapelt sich überall unterm freien Himmel. 14 Millionen Tonnen radioaktiver Müll aus Erde, Sträuchern, Ästen und Laub in Plastiksäcken sollen mittlerweile bei der der Dekontaminierungsarbeit angesammelt worden sein, ohne aber als Atommüll sicherer gelagert zu werden.

Die Menge des gefilterten, aber noch mit Tritium und anderen Radionukliden verseuchten Wassers, das in Wassertanks auf dem Gelände des havarierten AKWs abgefüllt und gelagert ist, überschreitet mittlerweile 1,2 Millionen Tonnen, so dass die japanische Regierung nun eine Empfehlung ausgesprochen hat, das radioaktiv belastete Wasser entweder ins Meer abzuleiten oder in Form von Dampf in die Atmosphäre zu blasen.

Dabei ist über andere alternative Methoden zur Wasserlagerung oder zur weiteren Filterung von noch enthaltenen Radionukliden nicht genug diskutiert worden und die Möglichkeiten sind noch nicht ausgeschöpft. Sowohl die Fischer als auch die Anwohner der betroffenen Gebiete sind gegen diese Empfehlung. Die absichtliche Einbringung von radioaktiv verseuchtem Wasser ins Meer verstößt sowohl gegen das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen als auch gegen die Londoner Konvention.

Trotzdem oder gerade deshalb sollen die Olympischen Spiele dieses Jahr in Japan stattfinden, und zwar nicht nur in Tokio, sondern auch in Fukushima, denn es ist für die japanische Regierung eine willkommene Gelegenheit, um der Weltöffentlichkeit zu präsentieren, dass die Nuklearkatastrophe von Fukushima schon Geschichte sei. Sie wollen damit den Super-GAU, seine Auswirkungen und Folgen, die bis heute noch andauern, verharmlosen und Normalität vorspielen, um den Mythos zu verbreiten: Atomunfälle sind gut zu überwinden.

Japans Premierminister Abe bewarb sich einst um die Olympischen Sommerspiele mit der Lüge: "The situation in Fukushima is under control". Deshalb sollen manche Wettbewerbe in der Stadt Fukushima stattfinden. Der Fackellauf soll sogar in der nur 20 km von den Unfallreaktoren entfernten Sportanlage J-Village starten und durch offiziell als "dekontaminiert" geltende Gebiete führen, in der Greenpeace jedoch viele Hot Spots gefunden hat.

Eine "Wiederaufbau-Olympiade" soll es werden, aber Wiederaufbau für wen? Jedenfalls nicht für die Opfer der Reaktorkatastrophe vor neun Jahren. Die Unmenge von Geld, die für die Olympiade ausgegeben wird, hätte gut gebraucht werden können, um den Opfern zu helfen und die Geflüchteten mit Wohnungsgeldern weiter zu unterstützen.

Für die Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge sowie zur Sicherheit im Alltag der Einwohner, aber vor allem von Kindern und Jugendlichen der Gegend könnte viel mehr ausgegeben werden, anstatt für fragwürdige Dekontaminierungsarbeiten, von denen sowieso fast ausschließlich Bauunternehmer profitieren.

Anstelle eines prachtvollen, kostspieligen Prestigeevents wie der Olympischen Spiele sollte die japanische Regierung viel mehr Anstrengungen unternehmen, damit den Menschen, die ihrer Heimat und ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden und unter den Folgen leiden, besser geholfen wird, damit nie wieder solche Tragödien passieren. Japan soll sich endlich von der atomenergiefördernden Politik verabschieden und den Weg frei machen für zukunftsträchtige, erneuerbare Energien.

    Fukushima ist
    noch lange nicht Geschichte.

Es ist viel mehr das atomare Zeitalter, das endlich Geschichte werden soll. Denn solange Kernspaltung herbeigeführt wird, solange es Atomwaffen gibt und mit Atomenergie Strom erzeugt wird, Uran abgebaut und angereichert wird, gibt es keine Sicherheit auf der Erde, sie wird nur immer voller mit gefährlichem Atommüll, den wir nicht wirklich "sicher" lagern können. Wir wissen weder WIE noch WO. Nukleartechnik ist nicht vereinbar mit dem Leben, es gibt zu viel Risiko und zu viele Gefahren, und zwar nicht nur jetzt, sondern auf Dauer für künftige Generationen. Wir haben die Erde schon genug verseucht.

Dieser Wahnsinn soll endlich Geschichte werden, denn wir wollen nur eins: eine friedliche und angstfreie Zukunft für uns, unsere Kinder und Enkelkinder.@

/antiatomnetz-trier.de 11.3.20

 

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