Strecken-Verläufe

"Ja wo fährt er denn, der Castor 2020 nach Biblis?" Das ist eine Frage, die in diesem Artikel leider nicht beantwortet werden kann, da keine funktionierende Kristallkugel zur Verfügung steht.

Allerdings ist das auch nichts Neues: bei allen Atomtransporten, für die es wegen Protest- und Widerstandsaktionen eine besondere Aufmerksamkeit gab, ließ sich im Vorfeld nie mit Sicherheit voraussagen, welcher Streckenverlauf genutzt werden würde. Es ist bei diesen Gelegenheiten aber ein Schatz an Beobachtungen entstanden, der es von Jahr zu Jahr zunehmend möglich gemacht hat, rechtzeitig - wenn auch mitunter kurzfristig - den Strecken- und Zeitverlauf herauszufinden. Dies reichte bisher immer für Aktionsgruppen, sich zeitnah während des Transportgeschehens zu orientieren und zum Zug zu kommen.

Wir wollen hier einen Überblick über die Transportstrecken im Südwesten bis 2011 zu geben. Daraus können - wenn auch kritisch - Rückschlüsse für den Biblis-Castor gezogen werden.

    WAA-Transporte

In den 1990er Jahren gab es Eisenbahntransporte zu den Plutoniumfabriken in La Hague (F) und Sellafield (GB) – die Betreiber sprechen gerne verharmlosend von Wiederaufarbeitungsanlegen (WAA).

Von den verschiedenen AKW aus Süddeutschland kommend wurden sie über die Strecke Mannheim – Saarbrücken in Richtung LaHague geführt, beziehungsweise nach Dünkirchen (Richtung Sellafield, ab da per Schiff). Die Transporte aus Norddeutschland liefen zunächst durch das Ruhrgebiet, den Rhein entlang und dann längs der Mosel. Dies änderte sich, nachdem 1997 ein CASTOR-Transport im Grenzbahnhof Perl-Apach entgleiste. Danach wurde ab Koblenz die linksrheinische Strecke genommen und dann ab Bingen über Bad Kreuznach und Kaiserslautern nach Saarbrücken gefahren. Für die aktuellen Urantransporte wird wieder die Moselstrecke genutzt.

    Gorleben-Transporte

Nachdem die Polizei in den 90er Jahren zunächst mit Routenwahl und Abfahrtszeiten sehr experimentierfreudig war, weil sie sich davon anscheinend Überraschungsmomente erhoffte, änderte sich dies nach der Wiederaufnahme der Transporte in 2001. Die Züge nach Deutschland kamen lange Zeit konstant immer in Lauterbourg (F) an, wo ein Lokomotiv-, Begleitzug- und Personalwechsel durchgeführt wurde, was mehrere Stunden dauerte. Anschließend fuhr der Zug nach Wörth am Rhein, wo ein ebenfalls längeres Umrangieren stattfand. (Beide Orte befinden sich in der Nähe von Karlsruhe). Danach überquerte er den Rhein. Ab Karlsruhe fuhr er jeweils im exakten Wechsel in Richtung Osten über Würzburg oder nach Norden über Mannheim und damit an Biblis vorbei. Dieses Vorgehen blieb über lange Zeit so stabil.

Zu einer Taktikänderung kam es ab 2010: Obwohl die Polizei jedesmal in Lauterbourg und Wörth ihre Vorbereitung bis hin zu mehrtägigen Streckensperrungen und dem Aufziehen direkt an der Schiene traf, wurde 2010 der CASTOR nach Gorleben über Kehl (Begleitwechsel) und Mannheim an Biblis vorbei geführt. Unter den gleichen Randbedingungen gingen dann der Cadarache-Lubmin-Transport (Dezember 2010) und der LaHague-Gorleben-Transport (November 2011) über Forbach (F/Begleitwechsel), Saarbrücken, Mannheim und an Biblis vorbei. (Anzumerken ist, dass von Saarbrücken kommend ebenso eine Streckenführung über Landau und Worms nach Biblis denkbar ist. In den 90ern wurde auch die einmal genutzt.)

Zusammengefasst: kommt der Transport durch Frankreich, gibt es an der Grenze einen Wechsel von Personal und Zug. Dies engt die möglichen Fahrstrecken deutlich ein, und die Umkoppelzeiten bieten Zeit zur räumlichen Orientierung.

    Streckenführung in Frankreich

Bislang gab es in Beziehung auf Sellafield nur Transporte hin, aber noch keine zurück. Erfahrungen in dieser West-Ost-Richtung liegen also nur von den LaHague-Gorleben-Transporte vor. Hier gab es bisher drei Strecken. Entweder wurde eine südliche Route über Nancy oder eine nördliche Route über Réding genommen; beide zielten auf Wörth. Oder es wurde die Richtung Saarbrücken gewählt. Die Entscheidung zwischen Saarbrücken und der Route über Réding nach Wörth fällt hinter der Ortschaft Rémilly.

    Stichwort Nordenham

In Erinnerung ist älteren Aktivist*innen ein Transport aus Sellafield nach Deutschland; allerdings ging es dabei nicht um Castorbehälter mit den verglasten Rückständen von abgebrannten Brennelementen. Im November 2012 brachte die `Atlantic Osprey´ Behälter mit frischen MOX-Brennelementen für das Atomkraftwerk Grohnde. Zwei LKWs mit der Lieferung verließen den RoRo-Frachter über den Anleger der Weserfähre im Norden von Nordenham.

Im Unterschied dazu handelt es sich bei dem Glaskokillen-Transport, von dem hier die Rede ist, um eine andere Gewichts- und Gefahrgutklasse. Die Castoren wiegen jeder über 100 Tonnen; Straßenfahrzeuge, auf denen sie bewegt werden können, haben 16 Achsen und spezielle Hauben, die die permanente Hitzeentwicklung mildern. Die Laster auf der Atlantc Osprey sind damit nicht vergleichbar.

Denkbar ist in der Tat, dass diese aktuellen Kolosse nicht in Frankreich an Land gebracht werden, sondern zum Beispiel in Nordenham. Der Ort liegt in Niedersachsen gegenüber von Bremerhafen an der Wesermündung. Die leeren Behälter, die vom Hersteller in Deutschland zur Befüllung nach Sellafield transportiert wurden, wurden dort im Hafen mit einem mobilen Kran vom Bahnwaggon auf das Spezialschiff ‚Pacific Grebe‘ umgeladen.

Verschiedene Indizien sprechen für einen Transport über das Schienennetz Frankreichs.

    Ja wat denn nuh?

Viele Ortsnamen, viele Routen, aber keine klare Aussage. Ja, das ist leider so. Niemand kann wissen, für welche Taktik die Polizeiführung sich in diesem Jahr entscheiden wird. Eine Streckenbeobachtung wird sich um zeitnahe Auskunft bemühen, Aktuelle Informationen gibt es unter:

castor-stoppen.de

Und wenn Du Dich mit Deiner mail-Adresse in die Alarmliste einträgst (castor-stoppen.de/aktuelles), bekommst Du eine mail zugeschickt, sobald sich die Informationslage ändert. Trotzdem stellt diese relative Ungewissheit für Aktionsgruppen eine besondere Herausforderung dar. Aufmerksamkeit, Flexibilität und Mobilität sind angesagt!

Bildet frühzeitig Banden! Verabredet euch zu Fahrgemeinschaften ;-)

ps: Die hier beschriebenen Routen sind gut nachverfolgbar unter:

https://www.openrailwaymap.org/

 

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