Doch weltweit leisten Frauen Widerstand gegen die zivile und militärische Nutzung der Atomtechnologie.

Spricht Man(n) über Uran, ...
bleiben Frauen unsichtbar.


von Angelika Claussen

Frauen waren immer und überall Teil der Geschichte der Uranverarbeitung und der Atomtechnologie - als Arbeiterinnenim Uranbergbau, als Anwohnerinnen von Minen oder als Opfer militärischer und ziviler Atomkatastrophen. Frauen sindbesonders betroffen von den gesundheitlichen Auswirkungen des Uranabbaus, da sie doppelt so strahlenempfindlich sindwie Männer. Außerdem sind indigene Frauen doppelt leidtragend, weil ein Großteil des Bergbaus und der Atomwaffentests in (ehemals) kolonialen Gebieten stattfindet. Den Widerstand gegen den Uranbergbau und die Atomtechnologie unterstützen Ärztinnen, Physikerinnen und Journalistinnen auf der ganzen Welt, die über die häufig geheim gehaltenen oder bisher unzureichend dokumentierten Folgen aufklären. Trotzdem ist die Rolle der Frauen, die die Proteste gegen Atomwaffen und Atomenergie organisieren, weiterhin extrem unterbelichtet.

Seit der Entwicklung der ersten Atombombe ist das Militär,eine Männerdomäne, die treibende Kraft hinter dem Abbau von Uran und seiner Weiterverarbeitung für Atomwaffen und Atomenergie. Uran, der Stoff, der für die Kettenreaktion in Atomwaffen und Atomkraftwerken essenziell ist, schädigt und zerstört jedoch durch seine radioaktive Strahlung und seine toxische Wirkung Gesundheit und Umwelt. Nicht nur der Abbau, sondern jedes Glied der nuklearen Kette, stellt eine gravierende Verletzung des Menschenrechts auf Leben und Gesundheit dar: vom Uranbergbau über den Transport von yellowcake, die zivile Nutzung der Atomenergie, die militärische Nutzung von Atomwaffen, die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennstäbe bis hin zur Lagerung von Atommüll. Trotzdem hält die weltweite Ausbeutung und Nutzung des Urans bis heute an. Die zivile Atomindustrie dient dabei auch als Deckmantel für Atomwaffenprogramme:

    Uranbergbau für das Milität unter Missachtung der Gesundheit

Während des Zweiten Weltkriegs fand der Wettlauf um den Bau der ersten Atombombe statt, an dem Deutschland, Großbritannien, die USA und die Sowjetunion beteiligt waren. Die USA konzentrierten ab 1942 unter Präsident Franklin Roosevelt ihre Forschungen zum Bau einer Atombombe im geheimen militärischen Manhattan-Projekt, das von zwei Männern geleitet wurde: Robert Oppenheimer, Physiker, und Leslie Groves, Generalleutnant - eine Allianz zwischen Naturwissenschaft und Militär.

Auch in der Sowjetunion waren Wissenschaft, Militär und Politik Männerdomänen; dort leitete unter Josef Stalin der Physiker Igor Kurtschatow das Atombombenprojekt. Bei der Atomforschung und Entwicklung der Atomtechnologie spielten Frauen bis auf wenige Ausnahmen kaum eine Rolle. Die wichtigsten vier seien hier kurz erwähnt: Die Physikerin Marie Curie erforschte die Strahlung von Uran und erhielt als erste Frau 1903 den Nobelpreis für Physik und 1911 den Nobelpreis für Chemie. Die US-amerikanischchinesische Physikerin Chien-Shiung war bis 1944 am Bau der Atombombe im Manhattan-Projekt beteiligt und Maria Goeppert-Mayer erhielt 1963 den Physik-Nobelpreis für ihre Entdeckung der nuklearen Schalenstruktur. Die Physikerin und Pazifistin Lise Meitner, die Ende der 1930er Jahre maßgeblich zur Erklärung der Kernspaltung beitrug, lehnte es dagegen ab, Forschungsaufträge für den Bau der Atombombe zu übernehmen.

Das Uran für die US-amerikanische Atombombe kam zu großen Teilen aus der Shinkolobwe-Mine in der späteren Demokratischen Republik Kongo. Die Arbeitsverhältnisse vor Ort grenzten an Sklaverei; Sicherheitsvorkehrungen waren kaum existent. Die Minenarbeiter*innen transportierten radium- und uranhaltige Gesteinsbrocken in ungeschützten Säcken. Die nach der Aufbereitung nicht weiter genutzten Gesteinsreste, die sogenannten tailings, wurden ungeachtet ihrer radioaktiven Strahlung beiseitegeworfen und liegengelassen. Die Missachtung von Strahlenschutz hatte somit auch gesundheitliche Auswirkungen auf die Anwohner*innen.

Auch in der Wismut AG im deutschen Erzgebirge, die Uranerz ab 1946 ausschließlich für sowjetische Atombomben förderte, spielten Gesundheits- und Arbeitsschutz zunächst keine Rolle. Es wurde trocken gebohrt und gesprengt, sodass die Bergleute den radioaktiven Staub ständig einatmen mussten. Später baute man Entlüftungsschachts und führte regelmäßige Gesundheitskontrollen durch, die Zahl der Krebstoten verringerte sich. 1948 waren circa 12.000 Frauen bei der Wismut AG beschäftigt und arbeiteten über und unter Tage in den Schächten und in der Erzwäsche. In der DDR waren medizinische Studien zu den gesundheitlichen Folgen des Uranbergaus generell tabu.

    Gesundheitliche Schäden für Arbeiter*innen und Anwohner*innen von Uranminen

Die Hauptabbauländer für Uran sind in der Reihenfolge ihrer kumulierten Fördermenge seit 1940: Kanada, USA, Kasachstan (ab 1992), Russland (bzw. UdSSR), Deutschland (v. a. DDR), Australien, Südafrika, Niger, Ukraine, Namibia und die Tschechische Republik. Ein Großteil des Urans wird seit jeher in Gebieten abgebaut, in denen indigene Völker und sehr arme Bevölkerungsgruppen leben, die somit zu den Hauptleidtragenden des Uranbergbaus gehören.

Mittlerweile weisen zahlreiche medizinische Studien die gesundheitlichen Folgen für Uranbergleute und Arbeiter*innen der Uranmühlen, in denen das Uran vom geförderten Erz getrennt wird, nach. Das Edelgas Radon, ein Spaltprodukt des Urans, das in den Urangruben - besonders unter Tage - in seiner Konzentration stark erhöht ist, erzeugt Lungenkrebs. Durch die festen und flüssigen tailings werden Beschäftigte und die Lokalbevölkerung gefährdet. Uran ist als Schwermetall auch als chemisches Gift wirksam und kann neben Nierenschäden und Erbgutbeeinträchtigungen Lungenkrebs, Knochenkrebs und Leukämie verursachen. Es ist davon auszugehen, dass in der näheren Umgebung fast aller Uranminen bis heute schwer missgebildete, nicht lebensfähige Säuglinge zur Welt gebracht werden und dass das Krebsrisiko drastisch erhöht ist. Doch weder Daten zur Gesundheit noch zur Radioaktivität von Luft und Trinkwasser wurden bisher in den Uranbergbaugebieten systematisch erhoben, sodass konkrete Zahlen fehlen.

2017 haben Forscher*innen aus den USA einen Anfang gemacht und Daten über die gesundheitlichen Auswirkungen des Uranbergbaus für indigene Anwohner*innen ausgewertet. In den westlichen Staaten der USA wurden die Expositionsdaten von Uran und anderen Metallen und die Häufigkeit des Auftretens von Erkrankungen bei der indigenen Bevölkerung mit der nicht indigenen Bevölkerung verglichen. Im Ergebnis wurden häufiger Nierenerkrankungen, Bluthochdruck und Krebs bei den indigenen Gruppen gefunden, die in der Nähe verlassener Uranminen wohnen, deren strahlender und toxischer Müll nie entsorgt wurde.

Eine Studie aus dem Jahr 2004 zu den gesundheitlichen Folgen des Uranabbaus in der Gemeinde Jadugoda im indischen Bundesstaat Jharkhand, wo vor allem Angehörige der Adivasi-Völker Ho und Santhal leben, zeigt, dass auch hier Kinder und Erwachsene Schäden aufweisen, die auf die erhöhte Strahlenbelastung und auf die Chemotoxizität des Urans zurückzuführen sind.10 Anschlussstudien, in denen auf das Individuum bezogene Gesundheitsdaten erhoben und Männer, Frauen und Kinder dabei spezifisch aufgeführt werden, wie es für eine epidemiologische Fall-Kontroll-Studie erforderlich wäre, gibt es bisher nicht.

    Der "Referenzmann" steht zu sehr im Fokus der Forschung

Die meisten großen Studien zu den gesundheitlichen Folgen ionisierender Strahlung beziehen sich immer noch auf den typischen Referenzmann, der zwischen 20 und 65 Jahre alt ist und in den industriellen Komplexen der Atomindustrie beschäftigt ist. Ursache dafür ist, dass die Entwicklung der militärischen und zivilen Atomtechnologie bis heute von Männern geprägt ist. Erst im Jahr 2000 wurde eine Studie veröffentlicht, die geschlechtsspezifische Unterschiede der gesundheitlichen Auswirkungen von Radioaktivität nachweist.

Mittlerweile erkennen große Strahlenschutzorganisationen vorsichtig an, dass Frauen ein etwa doppelt so hohes relatives Risiko im Hinblick auf eine Tumorentstehung aufweisen, wenn sie radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren. Biologische Mechanismen, die für diese Unterschiede verantwortlich sein könnten, sind hormonelle Faktoren, stärkere Zellteilungstätigkeit in einigen Geweben, geschlechtsgebundene Onkogene und Tumorsuppressorgene.

Kritiker*innen betonen auch die erheblichen möglichen Schäden für das ungeborene Leben: Fehl- oder Totgeburten, geringes Geburtsgewicht, Säuglingssterblichkeit, Fehlbildungen, geistige Behinderung, Downsyndrom und Kinderkrankheiten. Doch bis heute gibt die Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) an, dass bei einer vorgeburtlichen Strahlenbelastung unter 100 Millisievert kein "deterministischer Schaden" zu erwarten sei.13

Die Geschichte der "Radium Girls" zeigt anschaulich die fatalen Folgen männlich dominierter Forschung und deren Anwendung: Die im Nachhinein so genannten Frauen waren ab 1917 im "Atelier" der US Radium Corporation angestellt, wo sie mit einer selbstleuchtenden Farbe Zifferblätter von Uhren bemalten. Die grün-weiße, hell leuchtende Farbe enthielt nur geringe Spuren Radium, das sich jedoch überall festsetzte.

Sabin Arnold von Sochocky, österreichischer Wissenschaftler und Mitgründer des Unternehmens, wusste von den Gefahren, die der Umgang mit Radium birgt. Deshalb mussten die im Firmenlabor angestellten, größtenteils männlichen Mitarbeiter Schutzkleidung tragen. Im "Atelier " gab es dagegen keinerlei Vorsichtsmaßnahmen. Die Annahme, die geringe Konzentration in der Leuchtfarbe sei absolut harmlos, war ein schwerwiegender Irrtum, denn Radium 226 ist extrem gefährlich: Die meisten "Radium Girls" zogen sich eine Radiumvergiftung zu, sie erkrankten schwer, manche starben.

Ein gutes Beispiel dafür, dass Frauen in der Forschung einen Unterschied machen, ist die erste Wissenschaftlerin, die die besondere Gefährdung von Frauen und des ungeborenen Lebens in der medizinischen Strahlenanwendung, dem Röntgen, nachwies: Alice Stewart, britische Ärztin und Epidemiologin, fand 1958 heraus, dass Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft geröntgt worden waren, doppelt so häufig an Leukämie erkrankten wie andere Kinder.

Auch heute tragen Frauen in der Forschung dazu bei, den Blick auf die Auswirkungen von radioaktiver Strahlung auf Frauen zu erweitern. So bewies die Biologin Mary Olson, dass Mädchen nach der Exposition mit ionisierender Strahlung ein zehnfach höheres Risiko tragen, an Krebs zu erkranken, als Männer.

Es ist deshalb an der Zeit, dass die internationalen Strahlenschutzgremien ihre Empfehlungen zum Strahlenschutz für das weibliche Geschlecht anpassen und verschärfen. Doch diese zeigen daran kaum Interesse und Geldgeber für eine solch aufwendige Forschung fehlen. Auch die ICRP hat es versäumt, Frauen bezüglich der Strahlenschutzbestimmungen anders zu behandeln: Erstens seien die Grenzwerte so niedrig, dass ein zusätzlicher Schutz für Frauen nicht notwendig sei; zweitens müssten Diskriminierungen vermieden werden.

    Aufklärung, Widerstand
    und Lösungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen angesichts der fatalen Folgen der Atombombenabwürfe Proteste gegen Atomwaffentests als Teil der Friedensbewegung: In den USA richteten sie sich 1946 gegen die beiden Atomtests auf dem Bikini-Atoll, in Japan 1954 gegen den Atomtest der Castle Bravo, wo 23 japanische Seeleute hoch verstrahlt von ihrem Fischereieinsatz zurückkehrten, und in Großbritannien 1958 gegen das britische Atomwaffenforschungszentrum in Aldermaston. 1961 kam es zum ersten großen Frauenprotest für den Frieden (Women Strike for Peace, WSP), als 50.000 Frauen in 60 Städten der USA gegen die Atomwaffentests protestierten.

Auslöser war die Wiederaufnahme der Atomtests durch die Sowjetunion und die Vergeltungsandrohung durch die USA. Die Frauen wiesen damit ihre Rolle als passive "besorgte Mütter" zurück und gingen aktiv für den Frieden auf die Straße. Ihr Protest hatte wesentlichen Einfluss auf den zwei Jahre später vereinbarten Atomteststoppvertrag zwischen den USA und der Sowjetunion.

Die Friedens- und Antiatombewegung erlebten in den 1980er Jahren mit dem Kampf gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Ost und West mit drei Millionen Menschen in Westeuropa einen neuen Höhepunkt. Die Frauenfriedenscamps im britischen Greenham Common und im deutschen Hunsrück wurden berühmt. Die Protestierenden besetzten die Umgebung der Stationierungsorte für Mittelstreckenraketen 19 bzw. elf Jahre lang. Sie drangen in militärische Zonen ein, indem sie Zäune aus NATO-Draht durchschnitten, Fahnenweihen und Manöver störten und typisch weibliche Symbole wie Kochtöpfe oder Strickzeug nutzten, um ihren Protest auszudrücken.

Die Frauen in den Camps setzten sich auch theoretisch mit feministischen Analysen zu Militär, Sexismus und Patriarchat auseinander. Eine Gruppe feministischer Friedenskämpferinnen um die Soziologin, Autorin und Aktivistin Diane E. H. Russel brachte 1989 ein Buch heraus, in dem sie Atomwaffen und deren militärisches Sicherheitsdogma aus feministischer Perspektive kritisiert.18 Die Feministinnen analysierten den Zusammenhang zwischen Männlichkeit und männlichen Werten im militärischen System des nuklearen Wettrüstens und untersuchten die Sprache der Experten nuklearer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik: "Trinity" oder Dreifaltigkeit - die Bezeichnung für die göttliche Einheit zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist - ist beispielsweise der Name der ersten getesteten Atomwaffe und legt die Allmachtsfantasien der Entwickler bloß.

Die Feministinnen machten deutlich, wie nukleare Sicherheitsexperten von den schädlichen Folgen für Mensch und Natur abstrahieren und sich mit Begriffen wie "nukleares Gleichgewicht" und "nukleare Abschreckung " emotional distanzieren. Dem setzten die Feministinnen ihre Vision von positivem Frieden nach Johan Galtung entgegen.

In der Ukraine und bedingt auch in Weißrussland entstanden erst durch die Tschernobyl-Katastrophe 1986 Bürgerproteste und Bewegungen, die durch Journalistinnen, Ärztinnen und Biologinnen wissenschaftlich unterstützt wurden. Bekannt wurde die ukrainische Journalistin Alla Jaroshinskaja, die Klagen und Informationen insbesondere der weiblichen Bevölkerung aus den hoch verstrahlten Gebieten der Ukraine und aus Weißrussland sammelte. Auf dieser Grundlage gab sie den vielen Tschernobyl-Opfern eine Stimme auf dem ersten Volksdeputiertenkongress 1989. Sie zeigte, wie die sowjetischen Vertreter*innen mit der westlichen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gemeinsames Spiel zur Vertuschung der Tatsachen betrieben.19 Dafür erhielt sie 1992 den Alternativen Nobelpreis. Berühmt wurde ebenso Swetlana Alexijewitsch, weißrussische Journalistin, die in ihrem Roman "Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft" die Stimmen der betroffenen Menschen aufzeichnete und literarisch verdichtete.

Auch die Initiative der Bewohner*innen der Stadt Schönau im Schwarzwald um das Ehepaar Sladek steht beispielshaft für Widerstand und Lösungen: Sie gründeten als Antwort auf die Katastrophe in Tschernobyl die bürgereigene Energiegenossenschaft EWS Schönau, die Ökostrom und Biogas produziert.

Berühmt wurde 1998 die acht Monate andauernde, gewaltfreie Blockade gegen die Uranmine Jabiluka im Kakadu- Nationalpark in Nordaustralien. Hier gelang es, ein Bündnis zwischen nationalen und internationalen Antiatomaktivist*innen und der Aborigines-Gruppe der Mirrar, angeführt von Yvonne Margarula, zu schmieden. Zum Zeitpunkt der Blockade war die Ranger-Mine auf dem Gebiet schon seit 20 Jahren in Betrieb und hatte viel radioaktiv-toxischen Abraum produziert. Der Protest, an dem sich 5.000 Menschen beteiligten, war erfolgreich, die Erschließung der Jabiluka-Mine wurde eingestellt.

Auch die breiten Antiatomproteste in Japan nach der Fukushima- Katastrophe von 2011 werden bis heute insbesondere von Frauen und Müttern getragen, die damit auch gegen die patriarchal strukturierte Gesellschaft Japans protestieren. Sie sind es, die für ihre Kinder nicht strahlenbelastete Nahrung organisieren. Auch hier sind Wissenschaftlerinnen und Rechtsanwältinnen sehr aktiv und teilweise erfolgreich: Von 39 Atomkraftwerken sind bisher nur neun Reaktoren wieder in Betrieb. Im heutigen Kampf gegen die Atomtechnologie sind die indigenen Frauen Charmaine White Face und Leona Morgan hervorzuheben. Erstere ist Lehrerin, Angehörige der Oglala Sioux Nation und Aktivistin für die Atommüllentsorgung verlassener Uranminen. Leona Morgan setzt sich als Koordinatorin der Graswurzelbewegung Eastern Navajo Diné Against Uranium Mining (ENDAUM) für die Schließung der Uranminen und gegen Atommülllagerung ein.24 Durch den extensiven Uranbergbau und die häufig ohne Sanierung verlassenen Minen haben Zehntausende von Menschen im Land der Diné, dem größten indigenen Reservat in den Vereinigten Staaten, keinen Zugang zu sauberem Wasser. Als Fürsprecherin für die Verbindung von Menschen mit der sie umgebenden Natur kann die Inderin Vandana Shiva gelten. Die Atomphysikerin, Philosophin und Umweltaktivistin arbeitete zunächst als Kerntechnikerin, wandte sich aber später davon ab, als sie die Frage, ob sie die gesundheitlichen Gefahren der radioaktiven Strahlung kenne, mit Nein beantworten musste. Sie macht deutlich, dass für das Menschenrecht auf Leben und Gesundheit nicht nur ein Ausstieg aus der Atomenergie nötig ist, sondern ebenso eine Abkehr von Atomwaffen und damit eine neue Friedenspolitik.

    Das Uran muß
    in der Erde bleiben

Jedes Glied der nuklearen Kette fügt Umwelt und menschlicher Gesundheit irreparable Schäden zu. Millionen Menschen leiden weltweit unter den Folgen der zivilen und militärischen Atomindustrie, die zwei Seiten derselben Medaille sind. Die weibliche Perspektive, die das Menschenrecht auf Leben und Gesundheit betont, und die indigene Perspektive, die das Leben im Einklang mit der Natur hervorhebt, sind die treibenden Kräfte, um dieser Zerstörung Einhalt zu gebieten. Aufklärung und Widerstand gegen lebensfeindliche Technologien - seit Langem von vielen Frauen geleistet und vorangebracht - sind in Verbindung mit konkreten Vorschlägen zur Rettung unseres Planeten und der Menschheit außerordentlich wirkmächtig. Nicht zuletzt dank starker Frauen wie Vandana Shiva: "Als ich verstand, dass die Atomtechnologie die Grundlagen des Lebens zerstört, widmete ich meine ganze intellektuelle Kraft dem Schutz der Erde." Die Menschheit erlebt gegenwärtig zwei Krisen, die das Überleben auf unserem Planeten infrage stellen: (1) Die Bedrohung durch den Klimawandel muss endlich ernst genommen werden und es braucht den politischen Willen, darauf mit konkreten Schritten und Maßnahmen für eine rasche sozialökologische Transformation zu antworten. (2) Die existenzielle Bedrohung eines Atomkriegs, der das Leben auf unserem Planeten zerstört, ist wieder aktuell geworden. Eine Abkehr von Atomwaffen und Atomenergie durch Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag, also eine internationale Friedenslösung, ist zwingend notwendig. Insbesondere Frauen spielen sowohl in der Klimabewegung als auch in der Antiatombewegung eine wesentliche Rolle. Es wird auf die Frauen ankommen, diese Kämpfe solidarisch zusammenzuführen und gemeinsam mit den vielen Männern geduldig und beharrlich für den Schutz unseres Planeten zu kämpfen. Verstand und Humor, Ausdauer und Solidarität werden uns begleiten.@

https://www.rosalux.de/publikation/id/40918/spricht-mann-ueber-uran-bleiben-frauen-unsichtbar/
Aug.2019

 

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