Früher Atombomben, heute Atomkraft

Uran aus Kasachstan

von aaa-Red

Kasachstan hat viel Erfahrung im Umgang mit nuklearen Stoffen. Bis 1989 fanden hier mehr als 450 Atombomben­explosionen statt. Nach anhaltenden Protesten der Bevölkerung wurde das Testgeländes Semipalatinsk vor 30 Jahren geschlossen. Die Regierung setzt sich nun für eine atomwaffenfreie Welt ein. Trotz der erfahrenen schrecklichen Auswirkungen der radioaktiven Strahlung auf die Region und die Menschen, die dort leben, strebt die Regierung jetzt verstärkt den Bau von AKWs an. Gleichzeitig werden der Abbau und die Verarbeitung von Uran massiv ausgebaut, trotz Wissen um die Gefährdung durch den Uranabbau und die strahlenden Hinterlassenschaften.

    Das schwere Erbe der Atombombentests in Semipalatinsk

Die Führung der Sowjetunion testete in Semipalatinsk zahlreiche Atombomben. Zwischen 1949 und 1989 fanden in der dortigen Steppe 456 Atombombentests statt, davon 116 über der Erde. Sie hinterließen ein schweres Erbe. Unzählige Menschen in der nicht so ganz leeren Steppe sahen zu, wie sich bei oberirdischen Tests Atompilze über der Erde wölbten. Wer dort lebte, war der andauernden Gefahr durch nukleare Strahlung ausgesetzt.

Die verheerenden Folgen waren damals noch nicht bekannt. Auch nicht den Eltern des Malers Karibek Kuyukov. Heute ist er 53 Jahre alt. "Ich bin 1968 in Egindybulak geboren. Das ist 100 Kilometer entfernt vom ehemaligen Polygon, dem Zentrum des Atom-Testgeländes Semipalatinsk. Ich bin ohne Arme geboren. Daran musste ich mich anpassen. Als ich angefangen habe zu malen, habe ich einen Bleistift mit den Zehen genommen und versucht, etwas auf Papier zu zeichnen. So entstanden die ersten Kinderbilder. Dann kamen die ersten richtigen Bilder. Dann Bilder mit Farben." Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, mit dem Mund zu malen oder mit dem Fuß.

Die Bilder, die er heute malt, packen den Betrachter auf den ersten Blick. Sie zeigen Landschaften und oft die Atomtests und deren Folgen. Damit verarbeitet er wohl auch die eigene Situation. "Nun, ich, wurde in der Nähe des Testgeländes Semipalatinsk geboren und meine Eltern sahen die Tests mit eigenen Augen. Ich habe viele Familien mit behinderten Kindern kennen gelernt, die dort geboren sind.

Meine Botschaft ist klar: das ist der Kampf gegen Atomwaffen. Ich habe damit wirklich ein Ziel für mein Leben. Wir alle auf diesem Planeten sind einzigartig. Und wir wollen ohne Bedrohungen leben, ohne Angst."

Das Atomtestgelände in Semipalatinsk ließ Präsident Nursultan Nasarbajew nach heftigen Protesten der Bevölkerung am 29. August 1991 schließen. Später wurde dieses Datum von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag gegen Nuklearversuche ausgerufen. Die Initiative kam ausgerechnet von Kasachstan.

Das Land verfügte Anfang der 90er über das viertgrößte Atomwaffen-Arsenal der Welt. Die Regierung ließ hunderte Kilo hoch angereichertes Uran in die USA fliegen, mehr als 1.000 nukleare Sprengköpfe wurden nach Russland gebracht und 1996 erklärte sich Kasachstan für atomwaffenfrei. Bis das Gelände von allen Überresten der Atomtests gesäubert war, dauerte es aber bis 2012.

Das ehemalige Atomwaffentestgelände ist heute noch Sperrgebiet, jedoch ist es praktisch für jedermann zugänglich. Die für die Tests von Atombomben angelegten und größtenteils auch genutzten Stollen und Tunnel sind heute verfüllt und verschlossen. Die Strahlung misst heute einen Wert, der ungefähr 400-mal höher ist als der empfohlene Maximalwert.

    Uranabbau

Mit dem Handel von Uran macht Kasachstan gute Geschäfte. Den Preis dafür, dass AKWs in Südkorea, China, Japan, Russland, der EU und den USA am Laufen bleiben, bezahlen die Menschen aus den Bergbauregionen: Ihre Lebensgrundlagen werden zerstört.

Kasachstan verfügt über eines der größten Uranvorkommen. In den Minen lagern rund 15 Prozent der weltweit bekannten Uranvorkommen im Boden. Seit 2009 ist Kasachstan der weltweit größte Produzent von Uran. Im Jahr 2022 lieferte Kasachstan 21.227 Tonnen Uran, das waren 45,2 % der Uranförderung weltweit.

Kazatomprom betreibt 26 Uran-Lagerstätten, die in 14 Anlagegruppen zusammengefasst sind. Von den 13 kasachischen Uranbergbauprojekten befinden sich drei zu 100 % im Besitz von Kazatomprom und zehn sind Joint Ventures mit ausländischen Anteilseignern. Im Jahr 2020 betrug der Anteil von Kazatomprom an der Produktion 10.736 tU, ein Rückgang um 19 % gegenüber 13.291 tU im Jahr 2019, womit das Unternehmen vor Orano, Cameco und Uranium One liegt. Im Jahr 2021 betrug der Anteil von Kazatomprom an der Produktion 11.858 tU.

Kazatomprom ist der unangefochtene Marktführer bei der ISR-Urangewinnung und übertrifft seine Hauptkonkurrenten mit einer Produktion von 21,2 Tausend Tonnen im Jahr 2022 (auf 100 %-Basis) und 11,4 Tausend Tonnen auf zurechenbarer Basis (22 % des weltweiten Uranabbaus im Jahr 2022) deutlich. Die günstigen geologischen Bedingungen der Republik Kasachstan, die für den Abbau nach der ISR-Methode geeignet sind, verschaffen Kazatomprom einen einzigartigen Wettbewerbsvorteil. Der Uranabbau erfolgt zu 100 % durch die ISR-Methode (In situ leaching)

Unter den Verfahren zum Abbau von Uran gehört die In-situ-Laugung zu den umweltschädlichsten. Dabei werden im Gegensatz zum mechanischen unter- oder übertägigen Abbau (zumeist mit Baggern und Kippern) Bohrlöcher in das uranhaltige Gestein eingebracht. Durch einige dieser Löcher wird eine aggressive Säure (häufig verdünnte Schwefelsäure) in die porösen Lagerstätten gepresst. Die Säure löst die Uranbestandteile aus dem Bergstock und wird über Bohrlöcher wieder herausgepumpt. Durch chemische Reaktionen wird das gelöste Uran als Salz ausgefällt und kann weiter verarbeitet werden

    Uranverarbeitung

Heute kann Kazatomprom, vertreten durch die UMP-Uranabteilung, folgende Produkte auf dem Weltmarkt anbieten:

  • Brennstoffpellets für Reaktoren russischer Bauart, einschließlich der Pellets mit dem Zusatz von brennbaren Absorbern;
     
  • Brennstoffpellets für Leichtwasserleistungsreaktoren, einschließlich der Pellets für AFA 3G-Brennstoff für französische Reaktoren der Framatome-Bauart.
     
  • Darüber hinaus ermöglicht die bei UMP eingesetzte Technologie zur Herstellung von Uran­oxidpulvern die Herstellung von Uranoxidpulver in Keramikqualität mit einer Anreicherung von bis zu 5 % 235U durch die Verarbeitung einer breiten Palette von uranhaltigem Material.
    Brennelementefertigung

Kazatomprom hat gemeinsam mit seinem Partner, der chinesischen General Nuclear Energy Corporation CGNPC, auf der Grundlage von UMP JSC ein Projekt zum Bau einer Anlage für die Herstellung von Brennelementen (FA) durchgeführt, die in AKWs in der VR China als Kernbrennstoff verwendet werden sollen. Im Dezember 2020 wurde die Anlage in Betrieb genommen und im November 2021 feierlich eröffnet. Ulba-FA LLP erhielt ein Zertifikat der französischen Framatome, das bestätigt, dass die Anlage Brennelemente der Bauart AFA 3GTM in einer Menge von 200 Tonnen Uran pro Jahr herstellen kann.

    Urananreicherung

Seit 2013 hat Kazatomprom über das russisch-kasachische Joint Venture Uranium Enrichment Center JSC Zugang zu Urananreicherungsdienstleistungen in Höhe von bis zu 2,5 Millionen SWU pro Jahr bis 2043. Die angegebene Urananreicherungsoption im Gaszentrifugenvefahren wird von Kazatomprom JSC genutzt, um die Produktion der Produkte von Ulba-FA sicherzustellen.

    Raffinerie zur Herstellung von Uranlaugenoxid

Am 28. Dezember 2018 schlossen Kazatomprom, UMP und Cameco eine Vereinbarung über die Gewährung des Rechts auf die Nutzung von Uranraffinierungs- und -umwandlungstechnologien durch Kasachstan ab. Am 28. Januar 2020 wurden die Technologien an Kazatomprom übertragen. Um die Möglichkeit der Einführung der erhaltenen Uranraffinationstechnologie zu prüfen, führt UMP derzeit das Investitionsprojekt "Building 600. Rekonstruktion. Raffinerie zur Herstellung von Uranlaugenoxid mit einer Kapazität von 6.000 Tonnen Uran pro Jahr.

    Die IAEO-LEU-Bank = Bank für schwach angereichertes Uran (LEU)

Das Hüttenwerk Ulba wurde von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) als Standort für die Bank für schwach angereichertes Uran (LEU) ausgewählt. Hinter einer schweren Eisentür zwischen hohen Mauern steht eine fast leere Halle. An den Wänden überall Videokameras. Die Bilder werden direkt in die Schweiz übertragen – nach Genf, in die Zentrale der IAEA, der Internationalen Atomenergiebehörde. Von dort wird das Gelände überwacht.

Hier stapeln sich lange blaue, gelbe und weiße verschlossene Röhren aus Metall. Grundlage ist das Uran, das unweit der LEU Bank in Öskemen abgebaut wird. Das Rohmaterial wird in die nahe gelegenen Produktionsstätten transportiert, wo Maschinen es zu unterschiedlichen Konzentrationen, Formen und Größen verarbeiten. Die kleinsten sind kleiner als ein kleiner Finger, die größten ruhen in langen, mit Metall ummantelten, fest verschlossenen und schweren Röhren.

    "Alles Material kommt auf dem Schienenweg hier an. Die Lokomotive fährt die Wagen mit dem Material direkt in die Halle. Mit dem Kran an der Decke laden wir das Material um und bringen es zu der Stelle, wo es verwahrt wird."

In der kasachischen LEU Bank lagern drei verschiedene Stoffe: In den gelben Behältern sogenannter "Yellowcake" – das ist ein pulverförmiges Gemisch von Uranverbindungen. In den blauen Behältern befindet sich U3O3 – das ist Uranoxyd. Und in den weißen lagert schwach angereichertes Uran. Es handelt es sich um einen physischen Vorrat an schwach angereichertem Uran in Form von UF6 mit einer Gesamtmasse von etwa 90 Tonnen, der für die Herstellung von Kernbrennstoff für einen Standard-Leichtwasserreaktor, den weltweit am häufigsten verwendeten Kernreaktortyp, geeignet ist. Es enthält genug Uran, um AKWs zu betreiben. Aber zu wenig, um damit Atomwaffen zu bauen.

Mit einer Spezialverpackung, sogenannten Overpacks, gelangen sie per Bahn zu weit entfernten Häfen und zu Kunden in aller Welt. Wann genau, auf welcher Route und welche Mengen transportiert werden, ist immer geheim. Bis zu 90 Tonnen schwach angereichertes Uran werden hier ständig auf Abruf gelagert. Idee dieses Projektes ist es, den für Leichtwasserreaktoren notwendigen angereicherten Brennstoff ständig zu bevorraten, sodass für Mitgliedsstaaten der IAEA keine Lieferengpässe entstehen.

    LEU Bank nötig für den Iran-Deal

Die entsprechenden Verträge wurden am 27. August 2015 in Astana unterzeichnet. Vom kasachischen Minister für Äußere Angelegenheiten, Erlan Idrissow, und für Energie, Wladimir Schkolnik, sowie vom US-Senator Sam Nunn. Und vom damaligen Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde, Yukiya Amano, der den Grund für die Schaffung der Uran-Bank so erklärte: "Der Iran kann jetzt sein überflüssiges Uran an die Bank verkaufen und dafür schwach angereichtes Material erhalten. Dafür sind wir dankbar!"

Erst durch die neue Uran-Bank in Kasachstan konnten der damalige "Iran-Deal" auf den Weg gebracht und die Sanktionen gegen Teheran Ende 2015 aufgehoben werden. Insgesamt 150 Millionen US-Dollar haben Staaten für die Bank gegeben. Darunter die Europäische Union, die USA, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Norwegen und Kasachstan.

 

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